Pinot Noir mit Hans bei Fritz

05.10.2012

Verkostungen mit Hans Holletz sind intensiv, enthusiastisch, dynamisch; reich gefüllt an Informationsstoff im Redestakkato, dass auch einer halbwegs Wissenden wie mir schwindlig wird (wie muss es da erst den „einfachen“ Weingenießern gehen, wie sie sich gestern wieder einmal zahlreich im einfanden!) und reich eingeschenkt mit immer spannenden, vorwiegend großartigen Weinen. Pinot Tasting hieß es diesmal schlicht, Pinot Noir quer durch Regionen und Stile, vom Schaumwein bis zur Blindüberraschung. Am großen Tisch entwickelte sich auch eine interne Dynamik; die einzelnen Weine wurden sehr unterschiedlich gesehen in ihrer Qualität und in ihrem freudeschenkenden Potential, bei einigen gab es aber doch unwiderlegbaren Konsens.

Judith und Fritz Rupprechter ist die großzügige Abwicklung nicht hoch genug anzurechnen, kleine Knabbereien zwischendurch, hausgemachte Quiche etwa oder vorzügliche Salumeria-Ware, die neue winepairing-Erfahrungen ermöglichte, sind normalerweise keine inkludierte Selbstverständlichkeit bei solchen Tastings. Und auch wenn Pinot Noir gemeinhin als „unaromatisch und unelegant“ gelten mag, jedenfalls nicht als Liebhaber auf den ersten Blick (wie komm ich jetzt darauf, dass Wein ein Liebhaber sein könnte? wird doch sonst umgekehrt gesehen?), so schwingt doch auch für Unerfahrenere immer eine gewisse Faszination mit - und am Ende eines solchen Tastings sitzen alle beglückt da und tun sich auf einmal mit anderen Weinen schwer. Was wiederum an der Auswahl lag ....

Cava Brut Rosé Juve y Camps NV
12% vol. Spanischer Schaumwein aus dem Penedes. Aus 60-80jährigen Rebstöcken. Im Stahltank 2 Wochen im Rotofermenter mit Mikrooxidation auf den Schalen vergoren, zweite Flaschengärung, 5 g Dosage.
Sehr kraftvolles dunkles Rosa, eher rotweinig als rosé. Leichte Frucht in der Nase, am Gaumen dann schon kräftigere Bonbonausprägung. Kräftige Perlage, und obwohl trocken, ist er mit seiner hartnäckigen Beerenfrucht für mich doch weniger Aperitif als vielmehr Dauerbegleiter mit Frische und saftigem mouthfilling. € 17,50

Sancerre Domaine Vacheron 2008
13% vol. Pinot Noir von der Loire? Ja, in Frankreich durchaus populär; kühl zu trinken bei 14°-15°. Offene Maischegärung in Akazie, nicht filtriert, Klon 114.
Helles rubin, etwas matt. Zarter Holzhauch, feine rote, leicht oxidative Frucht; viel Erdbeere, viel Säure, leicht bitter, mineralische Würze, „dreckig“-erdig, reißt rasch ab. Braucht Speisen - Fisch? Gemüse?  € 22,50

Clos Henri 2008, Marlborough
14,3% vol. Französischer Pommard-Klon; jung zu trinken, da er schnell reift; ein gutes Jahr sollte er noch Freude machen. 100% neue franz. Barriques, 12jährige Reben, Lehm und Braunerde.
Dunkles Rubin; kraftvoll „dunkel“, rauchig, Gummi, süßlich; rund und voll, mit feiner süßer Würze, wuchtig, etwas bitter. Es fehlt die Struktur, der Wein kommt ganz über die Frucht. Ein Kraftlackel, der sich als Schmeichler tarnt.  € 28,90

Cecile 2008 Bründlmayer
13%. Dieser Wein spaltet die Meinungen - groß für die einen, gefällig-freundlich für die anderen. Hat in diesem Jahrgang noch etwas mehr Holzschub als in den folgenden Jahrgängen.
Transparentes Violettrubin; überraschend süße Frucht, zart Holz; reichlich herbe, bittere Würze, Eleganz, runde Fülle am Gaumen, feine Struktur, wirkt sehr ausgeglichen, etwas Sattes schwingt mit. Im Abgang zart rauchige Himbeere. Passt vorzüglich zum Schwammerl, das von der Quiche herunterfiel. € 32

Mason 2005 Manincor Magnum
13,5% vol. Porphyrböden in Kaltern. Mit diesem Jahrgang noch nicht biodynamisch. „Hier fängt Pinot Noir an“, sage ich. Großes Holzfass.
Leichter Granatschimmer, hell; Frucht mit Orangenzesten; dezente Fruchtsüße, trocken, markant mineralisch, Süffigkeit mit Anspruch, feine Säure, Länge. Man möchte auf Anhieb im Glas versinken, staubig, feine bittere Salzigkeit. Dichte und doch saftig-süffig für Genießer. Passte wunderbar zur geräucherten Wurst aus Südtirol. € 56 (Magnum!)

SD 2005 Jakob Duijn, Baden
13,5% vol. "Ein Holländer, der in Deutschland französischen Wein macht." 45-50jährige Reben, 20% Ganztraubenpressung. 100% neue 225l-Fässer für 2 Jahre.
Klar, helles Granatrubin; sehr rauchig mit versteckter Himbeere; Holznoten, sofort Würze, bitter, selchig; spielt angenehm am Gaumen, zeigt Sturktur, Säure, Präganz und ist doch wunderbar trinkbar, schöne Länge, nie dick, viel Kräuternachhall. Trägt seine Kraft mit Selbstbewusstsein, ist nicht der fein ziselierte, hat aber das groß ausschreitende Gehabe eines Landgentleman.  € 45,50

Gevrey Chambertin 2009 Sylvie Esmonin, Burgund
13% vol. Dorflage, Einstiegswein. „Gevrey ist maskuliner als die Nachbarn, ruppig und mit Säure in der Jugend; wie ein Blaufränkischer vom Leithaberg“. Sylvie macht seit 2000 ihre eigenen Weine, zuvor wurden die Trauben verkauft, zb an Leflaive. 8 ha inzwischen. Moderner Burgunderstil, Maischestandzeit, Stahl und offener Bottich, unfiltriert. Gärtemperatur? „Ich weiß nicht, nicht zu hoch wahrscheinlich“.
Klares Rubin; Himbeere, viel Würze, etwas Flüchtige; Changieren zwischen Frucht und Kräutern; ein Hauch Stall, rund, salzig, leichte Schärfe, straff, Druck, Überreife, trockenes Finish. Trockene Kräuter auf Stein, die reife Frucht vorn auf der Zungenspitze, während sich hinten am Gaumen der Stein aufbaut. Kantig, mit Ecken, viel Spannung drin.  € 42

Pinot Noir Barrique 2010 Annatina Pelizzatti, Graubünden
13% vol. Auf ca 600 Metern in Jenins wachsend - „eine sensationelle Ecke“. Annatina hat nur 3 ha, von diesem Wein gibt es 1200 Flaschen, allein 900 davon in Österreich. Kein Rebeln, offene Maischegärung, unfiltriert.
Helles mittl. Rubin; rauchige Frucht erzeugt sofort vertrautes Gefühl, einladend; sehr kühle Aromatik, viel mineralische Würze, ein Hauch Haselnuss, Kräuter; sehr leicht am Gaumen, bittere Noten, anregend, nicht sehr lang. Pinotwürze, Steine - der Wein reicht zwar nur bis zu den Kieferknochen, bereitet aber viel Trinkfreude. € 39,50

Walporzheimer Gärkammer 2006 Großes Gewächs Adeneuer, Ahr
Überraschungswein, blind eingeschenkt. Devonschiefer, 1200 kg/ha Ertrag.
Helles, kräft. Rubin; Ribisel, intensive Frucht; saftig, Ribiselblätter, staubig, sehr salzig - schiefrige Mineralik. Mit Luft immer ätherischer, Heu, viel Würze. Ein Wein, von dem ich auf Anhieb die ganze Flasche trinken möchte.
Sehr gut also ;)  € 26 damals.

Preise: Endverbraucher Vinothek Wagner
Fritz Wein Café, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Der Parallelblick von Kollege Jürgen Schmücking auf diesen Abend.

Dank an Hans Holletz auch für die gut zusammengefassten Eckdaten zu PN.
Die Fotos sind Schnappschüsse mit iPhone 3GS - falls jemand an der Qualität mäkeln möchte ;)

 

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